Arbeitszeitbetrug: fristlose Kündigung

Ein Arbeitszeitbetrug durch den Arbeitnehmer kann auch bei langer Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Februar 2014 – 16 Sa 1299/13.

Die Ausgangslage:

Wenn sich ein Arbeitnehmer bei der Zeiterfassung trotz Weisung des Arbeitgebers vorsätzlich nicht an- und abmeldet, begeht er einen Verstoß gegen seine vertragliche Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Wird nach einer Gesamtwürdigung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall festgestellt, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist, wird der Vertrauensbruch gegenüber dem Arbeitgeber als „wichtiger“ Grund i.S.v. § 626 BGB bezeichnet, was zur fristlosen Kündigung berechtigt.

Der Fall:

Der verheiratete 46 Jahre alte Kläger war seit mehr als 25 Jahren in einer Großmetzgerei als Metzger und Leiter der Verpackungsabteilung beschäftigt. Sowohl im Eingangs- wie auch im Ausgangsbereich des Betriebs befand sich ein Zeiterfassungsgerät, das die Mitarbeiter beim Betreten und Verlassen des Produktionsbereichs (auch wegen privater Arbeitsunterbrechungen) bedienen mussten. Dies geschah dadurch, dass sie einen Chip an die Zeiterfassungseinrichtung hielten, wodurch ein Signalton ertönte. Der Kläger ließ jedoch seinen Chip in seiner Geldbörse und tat mit seiner Hand nur so, als würde er die Anlage bedienen. Der Arbeitgeber hat anhand der vorhandenen Videoaufnahmen die Pausenzeiten des Klägers überprüft und festgestellt, dass der Kläger entgegen der Arbeitsanweisungen mehrfach ohne An- und Abmeldung den Arbeitsplatz verlassen hatte, was in 1,5  Monaten zu unerlaubten bezahlten Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden führte.

Die aktuelle Entscheidung:

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die fristlose Kündigung nach § 626 BGB wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt gehalten. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs nicht zumutbar, nur mit einer Abmahnung zu reagieren. Auch im Hinblick auf die langjährige Betriebszugehörigkeit wiege das Fehlverhalten des Klägers schwer und habe das Vertrauen der Beklagten in seine Redlichkeit so gestört, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei.

Fazit vom Fachanwalt für Arbeitsrecht:

Auch eine lange Betriebszugehörigkeit mag Schummeln bei der Dokumentation der Arbeitszeiten nicht rechtfertigen. Verstößt der Arbeitnehmer vorsätzlich gegen die firmeninternen Regelungen bzgl. der Zeiterfassung, begeht er zugleich einen schweren Vertrauensbruch und riskiert eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung.

Fachanwaltstipps Arbeitgeber:

Arbeitnehmer, die bei ihrer Arbeitszeit schummeln, begehen einen Arbeitsbetrug zulasten des Arbeitgebers und somit auch einen Vertrauensbruch. In diesem Fall müssen Sie als Arbeitgeber daher nicht damit rechnen, dass der Mitarbeiter nach der Abmahnung sein Verhalten ändern würde. Sie können somit darauf verzichten und eine fristlose Kündigung aussprechen. Allerdings kommt es dabei wie immer bei Kündigungen auf die Umstände des Einzelfalls an. Denn möglicherweise hätte auch eine bloße Abmahnung ausgereicht, um einen schuldigen Arbeitnehmer wieder “in die Spur” zu bringen. Zu beachten ist ferner, dass vor Gericht der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers trägt.

Quelle:

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Februar 2014 – 16 Sa 1299/13 –

Vorinstanz: Arbeitsgericht Gießen, Urteil vom 16. August 2013 – 10 Ca 419/12 –