Arbeitnehmer droht mit Selbstmord – fristlose Kündigung des Arbeitgebers

Wenn der Arbeitnehmer mit Selbstmord droht, kommt für Arbeitgeber eine fristlose Kündigung in Betracht

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil Bundesarbeitsgerichts vom 29.6.2017 – 2 AZR 47/16.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kommen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis regelmäßig vor. Das ist so lange unproblematisch, wie sich die Parteien nicht zu massiv unter Druck setzen und etwa zu Drohungen greifen. Kommt es dagegen zu solchen Drohungen durch den Arbeitnehmer, kommt für den Arbeitgeber in aller Regel eine Kündigung in Betracht. Das kann nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer mit Selbstmord droht.

Der Fall: In dem zu entscheidenden Fall ging es um einen Straßenwärter, der bei einer Hessischen Landesbehörde beschäftigt war. Als Folge längerer Phasen der Arbeitsunfähigkeit und einer stationär psychosomatischen Behandlung wurde schließlich ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt. In einem entsprechenden Gespräch ließ der Arbeitnehmer Äußerungen verlauten, die von den anderen Teilnehmern als Drohung mit Selbstmord und “Amok” verstanden wurden. In Folge dessen kündigte das Land das Arbeitsverhältnis fristlos.

Das Bundesarbeitsgericht: Die ernstliche und im Zustand freier Willensbetätigung abgegebene Drohung mit Selbstmord kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses bilden, wenn es dem Arbeitnehmer darum geht, mit der Drohung Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um bestimmte eigene Interessen oder Forderungen durchzusetzen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 47/16).

Kündigung wegen Drohung: Das BAG stellte klar, dass auch die Drohung des Arbeitnehmers mit Selbstmord Grund für eine Kündigung sein kann. Entscheidend sei im Einzelfall denn aber immer noch die Frage, ob die Drohung wirklich als ernstlich aufzufassen war. Dazu das BAG: Eine erhebliche Pflichtverletzung in Gestalt einer ernstlichen Drohung liegt vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet ist, bei einem „normal“ empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 47/16).

Fachanwaltstipp Arbeitgeber: Arbeitgeber müssen grundsätzlich keine Drohungen von Arbeitnehmern gegen sich oder Kollegen dulden. Auch wenn der Arbeitnehmer mit Selbstmord droht, um den Arbeitgeber dadurch zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, kommt eine fristlose Kündigung in Betracht. Entscheidend ist, ob die Drohung wirklich ernst gemeint ist. Das sollten Arbeitgeber im Streitfall später möglichst auch belegen können.