Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes: Kündigung immer wirksam?

Kündigung während der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes immer wirksam?

Ein Artikel von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses genieß der Arbeitnehmer keinen Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Der Arbeitgeber kann während dieser Wartezeit grundlos kündigen, unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht. Gibt es dennoch Konstellationen, in denen eine Kündigung während der Wartezeit problematisch sein kann?

Kündigung am letzten Tag der Wartezeit:

Auch am letzten Tag des halben Jahres ist der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt, das Kündigungsschutzgesetz findet also keine Anwendung. Trotzdem kann sich die Unwirksamkeit einer solchen Kündigung möglicherweise daraus ergeben, dass sie treuwidrig ist. Das kommt dann in Betracht, wenn ausdrücklich nur gekündigt wird, um den Eintritt des Kündigungsschutzes zu verhindern. Eine entsprechende Beurteilung ist stets abhängig vom Einzelfall.

Kündigung innerhalb der Wartezeit mit längerer Kündigungsfrist:

Ein weiteres Problem kann auftreten, wenn der Arbeitgeber zwar innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG kündigt, aber nicht zum erstmöglichen Termin nach der Wartezeit, sondern mit einer längeren Kündigungsfrist. Darin liegt jedenfalls dann keine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes, wenn dem Arbeitnehmer mit der verlängerten Kündigungsfrist eine weitere Bewährungschance eingeräumt werden soll. Einer “verbindlichen” Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung bedarf es nicht (so jedenfalls das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06. Mai 2015 – 4 Sa 94/14 –, juris).

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Prüfen Sie rechtzeitig vor Ablauf des halben Jahres, ob sie kündigen wollen. Wenn Sie länger brauchen, vereinbaren Sie lieber eine Befristung. Alles andere, wie z.B. die Kündigung mit längerer Kündigungsfrist, ist riskant. Ich halte das oben aufgeführte Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg nicht für zwingend.